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Naturschutzgroßprojekt Fischerhuder Wümmeniederung
Im Nordwesten des Landkreises Verden an der Landesgrenze zu Bremen liegt die Fischerhuder Wümmeniederung. Sie ist Teil des Flussniederungssystems der Wümme, die aus dem Landkreis Harburg kommend die Landkreise Rotenburg und Verden sowie das Land Bremen durchquert und sich bei Ritterhude mit der Hamme zur Lesum vereinigt.
Übersichtskarte Fischerhuder Wümmeniederung
1992 wurde ein ca. 750 ha großer Teil der Fischerhuder Wümmeniederung in das Förderprogramm zur "Errichtung und Sicherung schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlicher repräsentativer Bedeutung" aufgenommen. Als Beitrag zur Erhaltung des Naturerbes der Bundesrepublik Deutschland sollen damit Gebiete mit herausragender Bedeutung für den Naturschutz dauerhaft gesichert und nach Maßgabe naturschutzfachlicher Ziele entwickelt werden. Projektträger ist der Landkreis Verden als untere Naturschutzbehörde.
Zusammen mit den westlich benachbarten Borgfelder Wümmewiesen (Bremen) entstanden hier zwei Naturschutzgroßgebiete mit insgesamt ca. 1.500 ha, die zusammen mit anderen Bereichen der Wümmeniederung Bestandteil des europäischen Schutzgebietssystem Natura 2000 sind.
Entwicklung und ökologische BedeutungFeuchtwiesen im Frühjahr (Foto: Thomas Arkenau/Landkreis Verden) Die Entstehung des Niederungsgebietes ist auf die nacheiszeitlichen Verhältnisse zurückzuführen, unter denen Schmelzwasserströme das Wümmetal formten und ausräumten. Der anschließende Anstieg des Meereswasserspiegels, der Rückstau von Hochwässern der Weser und die mit 2 bis 5 m über NN sehr tiefe Lage des Geländes führten zur Vermoorung und zur Entstehung eines für Niedersachsen einzigartigen Flussbinnendeltas.
Die Vegetation wurde im Wesentlichen von Erlenbruchwäldern bestimmt, die mit Grauweidengebüschen sowie Röhricht-, Großseggenried- und Wasserpflanzen-Beständen vergesellschaftet waren. Die Meliorationsmaßnahmen der vergangenen Jahrhunderte haben die Wümmeniederung stark überformt. Die Wälder wurden in Nutzung genommen und zu Grünland umgewandelt. Das Gewässersystem wurde ausgebaut und auf drei Hauptarme reduziert. Parallel dazu vollzog sich die durch die Entwässerung ermöglichte Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung.
Wümme-Nordarm mit beidseitigen Auwaldgehölzen (Foto: Thomas Arkenau/Landkreis Verden)
Dennoch blieb das Binnendelta in seinem wesentlichen Kern erhalten. Regelmäßige Überschwemmungen im Winter sorgen dafür, dass sich hier zur Nahrungsaufnahme regelmäßig Tausende von Rastvögeln auf ihrem Weg zu den südlichen Überwinterungsgebieten einfinden. Zur Brutzeit im Frühjahr sind Weißstorch, Uferschnepfe, Bekassine, Rotschenkel, Kiebitz, Wachtelkönig und Großer Brachvogel in den Wiesen zu Hause. In der Wümme selbst bzw. ihren Randbereichen findet der sehr selten gewordene Fischotter seinen Lebensraum.
ProjektzieleNeue Kronslaake im "Nassen Dreieck" (Foto: Thomas Arkenau/Landkreis Verden) Ziel des Projektes war und ist es, die ökologische Bedeutung des Gebietes zu erhalten und wesentlich zu verbessern. Die fertiggestellte Pflege- und Entwicklungsplanung hatte u. a. zur Zielsetzung, den Grundwasserspiegel flächig anzuheben, die Überschwemmungen zeitlich und räumlich deutlich zu erweitern und an die Dynamik natürlicher Überschwemmungsereignisse anzupassen. Das Gewässernetz wurde durch die Neuanlage von Still- und Fließgewässern verdichtet und das Binnendelta somit zumindest teilwiederhergestellt.
Zum Erhalt und zur Entwicklung von Feuchtgrünland wurde weiträumig die vormalige extensive landwirtschaftliche Nutzung wiedereingeführt. Entlang der Fließgewässer entstand ein Mosaik aus Erlenbrüchen, Weiden-Gebüschen, Röhrichten und Großseggenriedern, in denen Fischotter, Schwarzstorch, Blaukehlchen, Rohrsänger und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt auch der Kranich einen geeigneten Lebensraum vorfinden.
EntwicklungsmaßnahmenRenaturierter Wümme-Mittelarm (Foto: Thomas Arkenau/Landkreis Verden) Voraussetzung für die Wiedervernässung und Renaturierung der Wümmeniederung war das Flächeneigentum. Seit 1992 hat der Landkreis insgesamt etwa 800 ha landwirtschaftlich genutzter Flächen angekauft. Zur Existenzsicherung der landwirtschaftlichen Betriebe ist das Naturschutzprojekt mit einem Flurbereinigungsverfahren gekoppelt worden. Seit 1997 wurden die sogenannten biotopschaffenden Maßnahmen durchgeführt.
Seitdem sind einige Kilometer neue Fließgewässer entstanden und entlang der bestehenden Hauptgewässer Deiche abgetragen oder zurückverlegt worden. In diesen Bereichen kann sich der Fluss zukünftig sein Bett entsprechend der natürlichen Dynamik selbst suchen. Uferabbrüche und die Entwicklung von Auwald- und Bruchwald als unzugängliche urwaldähnliche Bereiche werden toleriert.
Winterliche Überschwemmungen im Naturschutzgebiet (Foto: Thomas Arkenau/Landkreis Verden)
In den Flüssen wurden die kleineren und größeren Staue nach und nach zu flach gerampten Sohlgleiten umgebaut, damit Meerneunauge und Meerforelle sowie andere gewässergebundene Tierarten zu ihren Laichstätten gelangen können. Die extensive landwirtschaftliche Nutzung mit späten Mähterminen zum Schutze der Jungvögel sowie zahlreicher spätblühender Pflanzenarten ist weitestgehend wiedereingeführt.
Die Umsetzung der baulichen Maßnahmen wurde Ende 2004 abgeschlossen. Jetzt sollen sich die ersten Erfolge einstellen. Zur Kontrolle der wasserwirtschaftlichen und naturschutzfachlichen Entwicklung wird ein sog. Effizienzkontrollen- und Monitoring-Programm durchgeführt, das Grundlage für die weitere Steuerung des Naturschutzgroßgebietes sein wird. Das sog. Kerngebiet ist durch Verordnung vom 03.04.2006 geändert durch Verordnung vom 03.07.2006 als Naturschutzgebiet ausgewiesen worden. Die mit insgesamt über 11 Mio. Euro veranschlagten Projektkosten werden zu ca. 75 % vom Bund, zu 15 % vom Land und zu 10 % vom Landkreis Verden getragen.
Luftbildpanorama der Fischerhuder Wümmeniederung
Interessiert es Sie, wie die Fischerhuder Wümmeniederung aus der Vogelperspektive aussieht? Dann folgen Sie dem Link zum Luftbildpanorama der Fischerhuder Wümmeniederung und werfen von oben einen Rundumblick über das Schutzgebiet. Die Aufnahmen entstanden im Mai 2012. Eine Navigation bietet Ihnen die Möglichkeit, über das Gebiet zu kreisen und Auschnitte heranzuzoomen. Viel Spaß beim interaktiven Rundflug.
Ansprechpartner/in
Thomas Arkenau | |
Landkreis Verden - Kreishaus, Zimmer 1132 (Eingang Ost, 1. OG) Lindhooper Straße 67 27283 Verden (Aller) Telefon: 04231 15-756 Telefax: 04231 1510-756 E-Mail: Thomas-Arkenau@landkreis-verden.de |
Links
- Bundesamt für Naturschutz
- AG der Angelvereine Lauenbrück, Fintel & Westervesede
- Luftbildpanorama der Fischerhuder Wümmeniederung
- Wasserwandern auf der Wümme - Befahrensregeln zwischen Oottersberg und Borgfeld
- Renaturierung von Fließgewässern (Umweltbundesamt)
- Projektbeispiel Wümme: Fischotter, Lachs und Tüpfelsumpfhuhn sind zurück (Umweltbundesamt)